Die Rauhnächte - was ist das eigentlich?

Die geheimnisvolle Macht der Rauhnächte begeistert immer mehr Menschen. Auch bei uns im Camp finden seit einigen Jahren Seminare zu diesem Thema statt und das Interesse ist groß! Doch was ist das Faszinierende an diesen Tagen und was genau sind denn überhaupt die „Rauhnächte“?

 

Als Rauhnächte bezeichnet man die 12 Nächte oder Tage in der Zeit vom 25. Dezember bis 06. Januar. (in manchen Auslegungen starten die Rauhnächte auch bereits mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember).  Der exakte Ursprung der Rauhnächte lässt sich nur schwer ermitteln. Wahrscheinlich geht er auf den germanischen Mondkalender zurück, der ein Jahr mit zwölf Mondmonaten beschrieb. Die zum heutigen Sonnenkalender fehlenden elf Tage (bzw. zwölf Nächte) wurden als „Tage außerhalb der Zeit“ angesehen – auch heute sprechen wir umgangssprachlich noch von den „Tagen zwischen den Jahren“.

 

Diese besondere Zeit nutzten unsere Vorfahren, um Haus und Hof zu reinigen, u.a. indem sie die Wohnstuben und Ställe ausräucherten. Alles Alte sollte weggefegt werden und Wünsche für ein erfolgreiches neues Jahr sollten sich manifestieren. Denn nach altem Volksglauben ist in dieser Zeit der Schleier zum Geisterreich sehr dünn und die Gesetze der Natur sind außer Kraft gesetzt. Darum wurde in diesen Tagen bereits früher viel orakelt, was sich heute noch in dem Silvester-Brauch des Bleigießens widerspiegelt. Es wurden aber auch Geschichten, alte Sagen und Legenden erzählt, wie zum Beispiel vom nordischen Gott Wotan, der zur Mitte der Rauhnächte (Silvester) mit den Toten zur wilden Jagd aufbricht. Auch die „Percht“ ist eine sehr alte Sagengestalt, die als Wintergöttin in den Rauhnächten in Erscheinung tritt. Die Sagen erzählen, dass sie von den Bergen ins Tal herabsteigt, wo sie nach dem Rechten sieht. Dabei braust sie mit ihrem wilden Heer wie ein Sturm durch das Land. Auf diesem Glauben basieren auch heute noch (vor allem im bayrisch-österreichischen Alpenraum, in Südtirol und der Oberpfalz) die sogenannten „Perchtenläufe“, bei denen Umzüge mit finsteren Tier-Masken veranstaltet werden.

 

Aber auch die Natur befindet sich in dieser Zeit in einem Übergang. Mit der Wintersonnenwende werden die Tage wieder länger, noch ganz unbemerkt, denn die Natur schläft noch ihren Winterschlaf. Die meisten Pflanzen haben ihre Blätter und somit alles Alte des Jahres abgeworfen und die Kräfte ins Innere, in das Dunkle, in die Wurzeln zurückgezogen. Und doch nimmt die Sonnenkraft schon wieder zu und ein neuer Zyklus beginnt.

 

Es ist darum auch für uns  eine ideale Zeit, um einfach einmal bewusst in die Stille zu gehen. Vielleicht haben wir in der Vorweihnachtszeit viel Trubel erlebt, vielleicht sind im vergangenen Jahr größere Umbrüche oder Herausforderungen in unser Leben getreten, die wir jetzt noch einmal reflektieren dürfen.  Wer möchte, kann die alten Traditionen und den Grundgedanken der  Rauhnächte heute auf seine ganz eigene Weise zelebrieren. Sich Zeit nehmen, um einen Blick auf das vergangene Jahr zu werfen, Abschied zu nehmen, zu bereinigen und loszulassen. Aber auch, um einen Blick in die Zukunft zu werfen. Was soll das neue Jahr mir bringen? Fragen zu diesen Themen können in den Rauhnächten rituell begangen werden, oft begleitet von Räucherungen, um tiefer in den innersten Seelenraum abzutauchen.

 

Das Räuchern ist eine sehr alte Tradition, die seit Urzeiten verschiedenen Zwecken diente: Ob energetische Reinigung von Haus und Hof oder für religiöse Zwecke und Rituale – Menschen der unterschiedlichsten Kulturen und Zeitepochen waren von der besonderen Wirkung des Rauchs auf Körper, Geist und Seele überzeugt. Beim Räuchern werden getrocknete Pflanzen, Harze oder Hölzer verbrannt und damit  ihre wertvollen Eigenschaften und Inhaltsstoffe in Rauch verwandelt. Dies geschieht sowohl auf der grobstofflichen als auch auf der feinstofflichen Ebene: Die Kraft und Essenz der ausgesuchten Pflanze wird vom irdischen in die geistige Ebene transformiert, es entsteht sozusagen eine „Brücke“ zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren.

 

Wer möchte, kann das Räuchern für die Rauhnächte nutzen, es können aber auch eigene Rituale erschaffen werden. Beliebt ist auch das Schreiben von Wünschen auf Zettel, die dann symbolisch verbrannt werden, um die Visionen "in den Himmel zu schicken". Was auch immer für Dich passt, um den zentralen Fragen dieser Zeit näherzukommen: Was will ich loslassen, was will ich nicht mitnehmen in das neue Jahr? Und was möchte ich einladen? Die Rauhnächte sind eine wunderbare Gelegenheit, um sich Zeit für eine Rückschau und für neue Visionen zu nehmen. Es geht dabei weniger um die Einhaltung einer bestimmten Anleitung, auch wenn z.B. ein Rauhnacht-Kalender oder ein Rauhnacht-Tagebuch mit Anregungen und Inspirationen hilfreich sein kann.  Die Natur ist hierbei der beste Partner und Ratgeber. Verbinden wir uns mit ihr, kommen wir den natürlichen Zyklen näher – und vielleicht auch ein Stückchen näher zu uns selbst.

 

Seit einigen Jahren gibt es bei uns im Camp das „Wilde Rauhnächte-Seminar“. Die Seminarleiterin Katharina sagt über die Rauhnächte: „Die Langsamkeit und Stille der Rauhnächte laden uns jedes Jahr aufs Neue dazu ein, nach Innen zu schauen. Zu SEIN statt zu TUN. Und das geht tatsächlich auch, oft ganz leicht, in Gemeinschaft. Und das wiederum am besten draußen – um ein Feuer versammelt."