Sauber bleiben in der Wildnis - so geht`s!
Eigentlich würde ich behaupten: „Hygiene wird überbewertet“. Aber wir reden hier vom Leben oder Überleben in Extremsituationen, in der wilden Natur. Das ändert alles.
In unserem normalen Leben übertreiben wir es ja oft: Wir duschen jeden Tag, benutzen Unmengen von Seifen und Reinigungs- / Pflegeprodukten, die eigentlich gar nicht alle notwendig wären. Beim Leben draußen, wo alles primitiver und die Bedingungen schwieriger sind, neigen wir jedoch dazu, ins genaue Gegenteil zu verfallen: Von zu viel nach zu wenig! Auf körperlicher Ebene ist sowohl das eine als auch das andere nicht gut. Outdoor Hygiene ist wichtig!
Darum schauen wir uns jetzt das Thema “Survival & Hygiene” und den menschlichen Körper einmal genauer an – von oben nach unten.
Der Sitz unseres rationalen Denkens ist der Kopf und es soll Menschen geben, die in dieser Gegend eine volle Haarpracht tragen. Müssen wir täglich Haare waschen, noch dazu mit seifenartigen Mitteln? Natürlich nicht. Je nach Dauer des Aufenthalts in der Natur könnten wir unsere Haare nur mit Wasser, einem Lehm-Shampoo (in der Drogerie als Heilerde verkauft :)) oder mit einem Sud aus verschiedenen Pflanzenstoffen waschen. Die Pflanzenwelt bietet uns hier zahlreiche Möglichkeiten. Man denke an die Familie der saponinhaltigen (seifenhaltigen) Pflanzen, manche Rinden oder auch an das den älteren Generationen noch gut bekannte Birkenwasser.
Bei dem nächsten Bereich wären wir dann auch schon bei einer der Top-Prioritäten in Sachen Sauberkeit: Unsere Zähne und der Mund! Jeder, der schon einmal so richtig Zahnschmerzen hatte weiss, wie wichtig es ist, diese zu vermeiden – besonders wenn man keinen Zugang zu Fachpersonal oder Schmerzmitteln hat. Gut, dass wir auch unter primitiven Umständen beispielsweise auf zahnbürstenähnliche Eichenäste, die an einem Ende zerkaut werden um Borsten zu haben, zurückgreifen können. Als Zahnreinigungsmittel kann Holzkohlebrei benutzt werden. Da gibt es auch immer mehrere Möglichkeiten. Zusätzlich gibt es viele gerbstoffreiche Pflanzen, die für ein exzellentes Mundwasser bei Zahnfleisch- oder Mundhöhlenproblemen dienen können. Die gute Nachricht: Generell wirkt sich bei einem längeren Aufenthalt in der Natur die natürliche Nahrung eher positiv auf die Zähne aus.
Was unsere Haut angeht: warmes Wasser, ggf. in Verbindung mit einem Moos-Waschlappen, bilden eine gute Reinigungsbasis. Auch hier können wir ergänzend saponinhaltige (also seifenhaltige) Pflanzen verwenden, zum Beispiel Kastanienblätter. Zerrieben schäumen diese leicht und vermitteln ein seifenähnliches Wascherlebnis.
Ein sehr wichtiger Bereich ist auf jeden Fall die Hand und Fußhygiene! Da wir in freier Wildbahn viele Dinge berühren, welche potentiell nicht essbar oder sogar photogen wirken, wir aber gleichzeitig mit denselben Händen Nahrung und vielleicht sogar Wunden berühren, versteht es sich von selbst, dass hier Vorsicht geboten sein sollte. Einmal mehr, wenn man sich das Lager mit mehreren Personen teilt. Die Füße sind ebenfalls ein sensibler Bereich, denn diese stecken vielleicht lange Zeit im Schuhwerk oder sind ohne dieses zahlreichen Verletzungsrisiken ausgesetzt. Jeder Outdoormensch sollte darum seinen Füssen von Anfang an Aufmerksamkeit schenken.
Abschließend noch das meist tabuisierte Thema der Defäkation. (Dabei frage ich mich manchmal wie die Menschheit es bis in die Moderne geschafft hat bei so viel vermeintlichen Problemen mit besagtem Geschäft. ;)) Aus offensichtlichen Gründen scharrt man ein Loch (wenn man stationär und zu mehreren Personen unterwegs ist kann dies auch eine extra dafür vorgesehene Stelle sein), geht in die Hocke und lässt der Darmperistaltik und der Schwerkraft freien Lauf. Anschließend gibt es mehrere Möglichkeiten: Feuchtes Moos wäre mein Favorit, gefolgt von (ungiftigen) großen Blättern am besten solche mit etwas Struktur. Zur Not geht es auch mit Sand. Danach unbedingt auf die obligatorische Handsäuberung achten!
Eine weitere Variante für eine schnelle Handreinigung: Einfach Holzasche trocken auf die Hände reiben und anschließend mit Wasser abwaschen! Holzasche ist stark alkalisch und somit gut zur Reinigung geeignet.
Übrigens; auch an die Damenwelt sei gedacht und oben erwähnter Mooslappen kann einmal ausgekocht und getrocknet als, so hat man mir als Mann berichtet, exzellent als Damenhygiene-Produkt genutzt werden.
Ich hoffe, Ihr habt nun einen kleinen Einblick in die Welt der “Outdoor-Hygiene” erhalten. Abschließender Hinweis: Dieser kleine Exkurs stellt
keinerlei Ansprüche auf Vollständigkeit – es gäbe da noch vieles was man schreiben könnte.
Ein Beitrag von Pascal Koch